Das trockene Auge - Syndrom

Im Informationsblatt „das gesunde Auge“ wird die normale Struktur und die wichtigen Funktionen erklärt.

Das trockene Auge Syndrom bekam seinen Namen, da verschiedene Strukturfehler zu dieser Erkrankung führen, nicht nur eine unzureichende Tränenproduktion (Keratokonjunktivitis sicca, KCS). Ziel ist es, das Problem an der Wurzel anzupacken:

Das trockene Auge-Syndrom

Ursache:

Ein trockenes Auge entsteht durch

  1. zu wenig wässrigen Anteil des Tränenfilms – Funktionsfehler der Tränendrüse (KCS)
  2. zuwenig fettigen Anteil des Tränenfilms - durch die fehlende Talgproduktion der Meibomschen Drüsen (qualitative KCS)
  3. durch die fehlende Stimmulation der Tränendrüse (neurogene KCS)
  4. durch einen unzureichenden Lidschluss mit folgender Austrocknung (Makroblepharon, Ektropium, Cherry Eye)
  5. durch Ermüdung aufgrund des ständigen Reizes von Haaren (Entropium, Distichien, Trichiasis)
  6. durch eine exponierte Bulbusstellung in einer flachen Augenhöhle (Brachycephalie)
  7. durch den fehlenden Abschluss der Nickhaut (Brachycephalie)

 

ad 1) zu wenig wässrigen Anteil des Tränenfilms

Erste Anzeichen eines trockenen Auges ist die vermehrte Schleimbildung. Das Auge versucht, den geringen wässrigen Anteil des Tränenfilms mit einer vermehrten Produktion von grauem zähen Schleim zu kompensieren.

Da dieser Schleim ein prima Nährboden für Bakterien ist, folgt meist ein weißlicher, gelber oder gar grüner eitriger Augenausfluss. Der Spüleffekt sowie die wichtigen Abwehrstoffe im wässrigen Anteil des Tränenfilms fehlen.

>> Erstes Ziel ist also, den Spüleffekt nachzuahmen und mit einer wässrigen Augenlösung das Auge vom Schleim und Eiter zu befreien. Ziel ist es, das Auge so häufig zu reinigen und zu befeuchten, dass kein schleimiger Augenausfluss mehr entsteht, eventuell anfangs stündlich !

Wird die Tränendrüse aufgrund einer Autoimmunerkrankung ( v.a. West Highland Terrier) vom Körper selbst bekämpft, muss mit einer immunsupressiven Salbe oder Lösung diesem kampf entgegen gewirkt werden. Diese Hunde sind nicht zur Zucht geeignet, da Autoimmunerkrankungen vermutlich erblich sind und rassegehäuft auftreten.

 

Ad 2) In den Lidranddrüsen, Meibomsche Drüsen, wird Talg produziert. Dieser fetthaltige Anteil des Tränenfilms konserviert den wässrigen Anteil und schützt ihn vor Verdunstung.

Hat der lederne Lidrand zu wenig Meibomsche Drüsen, muss die Fettproduktion kompensiert / ergänzt werden, damit die Oberflächenspannung (Tränenaufreißzeit) wieder gewährleitet ist.

Von einer qualitativen KCS spricht man, wenn der Fettanteil des Tränenfilms zu gering ist und die sog. Tränenaufreißzeit zu kurz ist. Die Oberflächenspannung geht zu schnell verloren, der Isolierfilm reißt auf und es entstehen trockene Areale in der Hornhaut. Die Oberfläche wird rissig und u.U. schmerzhaft, die Bindehaut, am besten unter dem Oberlid zu erkennen, schwillt an, wird stärker durchblutet und erscheint dadurch röter.

  1. Ziel ist es also , das Auge so häufig mit einer fetthaltigen Augensalbe zu cremen, dass sich die Bindehaut wieder erholt und die weiße Augenhaut unter dem Oberlid wieder weiß erscheint.

Ad 3) Eine neurogene KCS entsteht durch einen (traumatischen) Schaden des Gesichtsnerven N. Trigeminus, der die Tränendrüse stimmuliert. In diesem Fall ist zusätzlich die medikamentelle Stimmulation dieses Nerven durch eine orale Medikation wichtig. Hier ist eine gute Kommunikation zwischen Tierbesitzer und Tierarzt wichtig, da die Therapie langsam gesteigert werden muss und dabei mögliche Nebenwirkungen wie Koliken und Verstopfungen vermieden werden müssen.

Ad 4) Liegen die Lider nicht korrekt an, kommt zu viel Luft an die Hornhaut und das Auge trocknet aus. Dies ist der Fall bei einem Ektropium (Hängelid), Makroblepharon (Karoauge) oder bei brachycephalen Rassen (nasale Kanthoplastik) oder bei Schwellungen, die einen normalen Lidschluss wie ein Sperrkörper behindern (Cherry Eye, Nickhautknorpelknick)

  1. Ziel ist also, die Lider operativ so zu korrigieren, dass der normale Lidschluss wieder hergestellt ist. Als 1. Hilfe wird das Auge durch häufiges cremen vor Austrocknung geschützt

Ad 5) Ermüdung durch chronischen Reiz von Haaren auf der Hornhaut.

Der lederne Lidrand ist haarlos und liegt der Hornhaut im rechten Winkel an. Durch eine Fehlstellung des Lides kann der Rand kippen und einrollen (Entropium), sodass die Fellhaare auf der Hornhaut reiben. Das Auge wird zurückgezogen, die Nickhaut vorgezogen und durch die Schmerzhaftigen kneifen die Tiere das Auge zu, meist entsteht ein vermehrte Tränen.

Dieser Zustand muss schnell behoben werden. Durch einen Cremschutz oder durch eine Kontaktlinse oder durch vorübergehende Abnäher im Lid (Stay sutures, Tacking).  Als Endlösung erfolgt optimalerweise die mikrochirurgische operative Korrektur (unter dem Mikroskop) durch einen Ophthalmologen.

Distichien sind falschwachsende Wimpern, die anstatt Talg aus den Poren der Lidranddrüsen wachsen. Bei Kontakt zur Hornhaut können sie ernsthaften Schaden und ein zusätzlich durch Schmerz hervorgerufenes spastisches Entropium hervorrufen.

Sie können ohne Sedation epiliert werden. Bei wiederholtem Problem aus einer definierten Pore kann eine Verödung in Erwägung gezogen werden. Allerdings kennen wir als Komplikation eine narbige Schwellung die einen daueraften Reiz hervorrufen kann. Bei erödung zu vieler Distichien wird bei der Verödung auch die Talgdrüsenproduktion versiegen und eine qualitative KCS entstehen.

Bei Shitzus wachsen rassetypisch lange Fellhaare aus der Karunkel der Nickhaut, die über die Hornhaut streichen. Diese müssen operativ incl. der Haarwurzelanlagen entfernen.

Ad 6) Durch die Zucht von Brachycephalen (rundköpfigen, kurznasigen) steht der Augapfel mehr hervor. Dadurch rutscht die Nickhaut, die den Augapfel im nasalen Augenwinkel schützt, nach innen und verliert ihre schützende Funktion. Der Lederne Lidrand endet schon nach 2/3 des Augapfels, sodass der behaarte innere Teil v.a. des Unterlids meist noch nach innen rollt und die Haare bei jeder Augapfelbewegung auf der Hornhaut oder der weißen Augenhaut kratzen. Durch den chronischen Reiz entsteht eine Ermüdung des Tränenfilms.

Bei Shitzus und selten auch anderen Rassen wachsen zudem noch Fellhaare auf der Karunkel der Nickhautaußenseite, die ebenfalls auf der Hornhaut schwimmen können und zu einem Dauerreiz führen.

Folglich entstehen kleine Mikrorisse in der Hornhautoberfläche, die durch den fehlenden wässrigen Tränenfilm nicht schnell genug repariert werden. (Ein gesundes Auge repariert einen Riss innerhalb spätestens 24 Stunden).

Als Folge ziehen zarte Gefäße in die Hornhaut zur Reparatur und bringen dunkle Pigmente in die eigentlich durchsichtige Hornhaut. Bei zusehendem Wachstum zieht das Pigment bis vor die Pupillle und der Mops erblindet, weil die Hornhaut zunehmend eingeschwärzt und undurchsichtig wird!

Ziel ist es also, die Hornhautversorgung zu verbessern, die Lidstrukturen operativ zu korrigieren und die Produktion des Tränenfilms anzuregen.

Zudem können sich Bakterien in die Wunde eines trockenen Auges legen, die nicht weggespült werden. Ihre Enzyme bilden die Hornhautaufweichende Kollagenase, sodass gefährlich tiefe, schmierige Hornhautdefekte entstehen können (melting ulcer). In diesem Stadium sind aufweichende Augensalben verboten, eine Notfallbehandlung ist angezeigt.

Ziel ist es, den mechanischen Reiz schnell zu beheben (Kontaktlinse, Stay sutures, OP) , den Spüleffekt nachzuahmen und v.a. gefährliche Bakterien mithilfe eines oder zwei verschiedenen Antibiotika schnell und effektiv zu behandeln. Vorher ist ein Abstrich zur Bakterienkultur und für einen Resistenztest anzufertigen.

Das Mopsauge zeigt durch einen zu großen Lidspalt zu viel der weißen Augenhaut. Der Lidschluss ist oftmals unvollständig. Durch die flache Augenhöhle und den großen Lidspalt kann im schlechtesten Fall der Augapfel herausrutschen (Bulbusprolaps) und das Auge durch die Überdehnung des Sehnervens erblinden.

Durch die Operation nasale Kanthoplastik wird der Augenwinkel zur Nase neu gestaltet.

Die Haaranlagen auf der Nickhaut werden entfernt, der Lidspalt wird verkleinert, ein eventuelles Entropium wird behoben. Falls weitere Störungen vorhanden sind, die zu einem trockenen Auge syndrom führen, müssen diese weiterhin behandelt werden. Eine Operation optimiert die Grundvoraussetzungen, ändert aber nichts an der weiteren Pflegebedürtfigkeit des Auges. Die Pigmentierung kann meistens verzögert, aufgehalten oder im besten Fall aufgelockert werden. Das Problem des Bulbusprolapses, des chronischen Reizes durch Haare, sowie der Austrocknung durch den zu großen Lidspalt sind behoben.